Der Ursprung der Familie und die Geschichte des Quembacher Gerichtes
Die erste Erwähnung der Familie
Zum ersten Mal wird die Familie unter diesem Namen mit dem Mainzer Ministerialen und Burgmann auf der Burg Scharfenstein Eberwinus de Suabach (Erwin von Schwabach) im Jahre 1227 urkundlich erwähnt. Als Erzbischof Sigfrid II. von Mainz am 22. September 1227 die von seinem Vorgänger Ruthard dem Kloster St. Alban gemachte Schenkung von Gütern zu Eltville und Steinheim bestätigt, erscheint Erwin von Schwabach auf dem ersten Platz in der Zeugenreihe unter den Mainzer Burgmannen auf der Burg Scharfenstein. Weitere Zeugen sind als alte und bedeutende Mainzer Ministerialengeschlechter aus den mainzer Urkundenbüchern gut bekannt. Es sind Mainzer Ministerialen Rupertus comes hirsutus, Fridericus de Kelberowa camerarius Maguntinus, Embercho comes Reni et vicedominus, Wernherus frater suus, Eberhardus de Turri, Meingotus, Cunradus Magnus, Helfricus, Embricho filius Didonis und die mainzer Bugmannen auf Scharfenstein Theodericus, Mengotus et Hertwicus milites de Scarpenstein und Stephen de Walteggen.
Erwin von Schwabach hatte drei Söhne. Ritter Kraft von Schwabach (1251-1279) stand in Diensten der Grafen von Weilnau und war Burgmann auf Weilburg. Seine Brüder Ritter Erwin von Schwabach (1274-1289) und Dominus und Ritter Heinrich von Schwabach (1250-1275) standen in Diensten der Grafen von Diez und waren Burgmänner auf Alt-Weilnau.
Die Familie hatte ihren Stammsitz auf dem befestigten Hofgut in Schwabach im Quembacher Gericht südlich von Wetzlar. Frühere Urkunden über unsere Familie sind nicht überliefert und der Ursprung der Familie lag lange im Dunkeln. Da es auch zum Quembacher Gericht nur ganz wenige Quellen gibt, konnten der Ursprung der Familie und die Geschichte des Quembacher Gerichtes nur durch die Analyse der landesgeschichtlichen Entwicklungen in der Region zwischen Wetzlar und Usingen, Weilburg und Münzenberg im Zusammenhang mit der Auswertung der urkundlichen Quellen rekonstruieren werden.
Die ersten Erwähnungen des Ortes Schwabach
Das ausgegangene Dorf und Hofgut Schwabach (Schwobach), heute Forsthaus Schwobach, liegt im Naturpark Taunus zwischen Wetzlar und Frankfurt in der mittelhessischen Gemeinde Waldsolms im südlichen Lahn-Dill-Kreis. Der Herkunftsname Schwabach/Schwabecher wurde vom kleinen Dorf bzw. Bach Schwobach (ursprünglich Schwabach, mundartige Aussprache des langen /a/ als /o/) abgeleitet, welcher direkt neben dem Familienstammsitz Schwobacher Hof seinen Ursprung hat.
Der Ort Schwabach erscheint zum ersten Mal interessanterweise nicht in den Urkunden des Klosters Lorsch, wie die meisten Orte dieser Region, sondern in den Urkunden des Reichsklosters Fulda. Zwischen den Jahren 831 und 850 schenkt ein gewisser Heriloh seine Güter bestehend aus Land, Wäldern, Gebäuden und Leuten in Laisa (heute ein Stadtteil von Battenberg im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg) und Schwabach, gelegen im Gau Lahngau dem Kloster Fulda:
„Heriloh tradidit sancto Bonifacio bona sua in Liese et Suabach: areas VI et hubas VIII cum edificiis, silvis, partis, domibus, familiis.“
Die zweite Erwähnung geschah im Jahre 1017. Im Register des Klosters Bleidenstadt im heutigen Taunusstein stehen die wichtigsten Erwerbungen darunter auch in unserem Schwabach:
„Dies sind die Güter, die unter Herbert und Ezzo durch die Gnade Gottes zusätzlich durch ihre Verwaltung erworben wurden, und damit die lebenden wie zukünftigen Brüder von ihrer Kenntnis haben, wollte ich die wichtigsten unten stehend vermerken. Der Herr Ruthard, Propst, hat als Heilmittel für seine Seele und für die seiner Eltern in Schwabach einen Anteil des Waldes mit Pflugbaren Äckern von 30 Morgen überlassen. Orig.: Dominus Routhardus prepositus delegavit pro remedio anime sue et parentum suorum in Suabach rubum quandam cum agris arabilibus ad XXX iugera.“
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass unser Schwabach der älteste Ort dieses Namens in Deutschland ist. Schwabach in Bayern wird als Ort erst 1117 erwähnt, Schwabbach in Baden-Würtemberg 1037, Schwabach (Suabah) in Thüringen 874.
Das Quembacher Gericht im Lahngau
Das Dorf Schwabach lag im Quembacher Gericht, das seine Malstatt „auf dem Stein” bei Oberquembach hatte und zu dem 20 Ortschaften gehörten: Schwabach, Oberwetz, Niederwetz, Kröffelbach, Griedelbach, Mailbach, Bernscheid, Immenhausen, Niederquembach, Oberquembach, Kraftsolms, Schwalbach, Hain, Merzhausen, Laufdorf, Nauborn, Neukirchen, Bonbaden, Albshausen und die Reichsburg Kalsmunt.
Das frühere Gebiet des Quembacher Gerichtes lag im Frühmittelalter genau an der Grenze zwischen zwei Gauen: der Lahngau und der Wetterau, nachweislich aber auf der Seite der Lahngau. Auch diese Gauen wurden in weitere Verwaltungsbezirke aufgeteilt, es handelt sich um so genannte Marken bzw. Gerichte. Eine Mark war eine politisch oder wirtschaftlich abgegrenzte Raumeinheit, eine Art „Bezirk“ des fränkischen Reichs.
Genau auf dem Gebiet des Quembacher Gerichtes, zwischen Solmsbach und Wetzbach, lag früher die Wanendorfer Mark. Die Quellenlage zur Wanendorfer Mark ist erstaunlich gut. In den Jahren 774-822 zählen wir insgesamt fast 40 Schenkungen an das Kloster Lorsch. Wenn man sich die Orte und Grenzen der Wanendorfer Mark anschaut und mit den Orten und Grenzen des Quembacher Gerichtes vergleicht, so stellt man nicht nur eine erhebliche Ausdehnung und die Größe der Wanendorfer Mark, sondern auch eine präzise Übereinstimmung der Grenzen mit dem spätmittelalterlichen Gericht Quembach fest: das Quembacher Gericht scheint eine veränderte Verwaltungsform der Wanendorfer Mark zu sein.
Interessanterweise verfügten die Konradiner, das bedeutende Adels- und Herrschergeschlecht der westgermanischen Franken aus dem 8. bis 11. Jahrhundert, die unter anderem im Lahngau beheimatet waren, besonders in der Wanendorfer Mark bzw. im Quembacher Gericht über einen ausgedehnten Besitz. Was auch nicht mehr bekannt ist, dass neben der königlichen Wildbann Dreieich südlich von Frankfurt noch eine weitere existiert hat. Diese lag um Wetzlar und befand sich im Besitz der Konradiner. Diese königliche Wildbann lag zwischen Kleebach und Solmsbach südlich der Lahn und Lemp und Bieber nördlich der Lahn. Die Wanendorfer Mark bzw. das Quembacher Gericht bildete ungefähr ein Viertel der gesamten gräflichen bzw. königlichen Wildbann. Die umfangreichen Besitzungen der Konradiner in unserer Region gehen nicht nur auf das Reich zurück, die sie als Grafen im Auftrag des Kaisers verwaltet haben, sondern auch auf ihre Position als Vögte des Klosters Lorsch. Vermutlich haben sie die Lorscher Güter an sich gebracht. Der Oberlahngau und insbesondere die Wanendorfer Mark bzw. das Quembacher Gericht gehört somit zum Stammterritorium der Konradiner, deren Präsenz hier seit dem 9. Jahrhundert belegt ist.
Als im Jahre 939 der Konradiner Eberhard Herzog von Franken und Graf in Ober-Lahngau im Kampf gegen den König Otto. I. fiel, wurden den Konradinern die Grafschaft und das Grafenamt entzogen. Somit fiel nicht nur die Wanendorfer Mark, sondern auch die zahlreichen Güter, Marken und Gerichte südlich von Wetzlar im Jahre 939 an das Reich zurück. Vermutlich in den nächsten Jahrzehnten entstand aus der Wanendorfer Mark der Verwaltungsbezirk Quembacher Gericht, ein mit Grafenrechten ausgestattetes Reichsgut.
Nach 939 erscheinen mehrere Grafen im Lahngau, die im Auftrag des Reiches die Gauverwaltung übernommen haben, allerdings ohne einen erkennbaren genealogischen Zusammenhang. Erst mit den in der Mitte des 11. Jahrhundert vorkommenden Grafen von Gleiberg ist eine Kontinuität in der Grafschaft festzustellen.
Das Quembacher Gericht in der Grafschaft Gleiberg
Die Grafenwürde im Oberlahngau wurde nach dem Tod des letzten Grafen Werner vom Kaiser an das Haus Salm-Luxemburg übertragen. Diese nennen sich seit ca. 1075 nach der Hauptburg ihrer Grafschaft Grafen von Gleiberg, sind jedoch bereits nach 1167 ausgestorben. Ihre Erben waren die Pfalzgrafen von Tübingen, Edelfreie von Merenberg und die Edelfreien von Solms.
Die Teilung der Grafschaft wurde noch während der Zeit der Grafen von Gleiberg, vermutlich zwischen den Jahren 1162 und 1186, vorgenommen. Die Gegend um Gießen verblieb bei den Pfalzgrafen von Tübingen, die Gegend um Wetzlar und das Hüttenberger Gericht kamen an die Herren von Merenberg, der westliche Teil der Grafschaft von Gleiberg ging an die Herren von Solms.
Das Quembacher Gericht, bis dahin noch ein fester Bestandteil der Grafschaft Gleiberg, wird aus der Erbschaft herausgelöst, denn keiner der Erben erscheint im Besitz des Gerichtes. Des Weiteren ist wichtig festzuhalten, dass das Quembacher Gericht als Nachfolger der Wanendorfer Mark über herausragende Eigenschaften eines mittelalterlichen Gerichtes verfügt hat. Allein seine Größe mit 20 Ortschaften zeigt unmissverständlich die besondere Bedeutung des Gerichtes. Außerdem war das Quembacher Gericht ein Hochgericht (Blutgericht). Fester Bestandteil des Gerichtes waren die Grafenrechte und die gräfliche Gerichtsbarkeit.
Zum ersten Mal hören wir von der Existenz des Gerichtes Quembach im Jahre 1326, als die Grafen von Solms das Gericht gekauft haben. Selbst im Besitz der Grafen wird das Quembacher Gericht bis in das 16. Jh. nicht nur neben der Grafschaft Solms, sondern sogar als gleichwertig zu ihr genannt. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass die Reichsburg Kalsmunt ein fester Bestandteil des Gerichtes war. Es ist vermutlich davon auszugehen, dass das Quembacher Gericht früher zur Reichsburg Kalsmunt gehörig war und nicht andersrum. Im Jahre 1336 erfahren wir, dass der Kaiser sowohl persönliche als auch des Reiches Eigenleute im Quembacher Gericht besessen hat. Alle diese Punkte sowie die oben beschriebene Entstehungsgeschichte deuten nicht nur auf eine besondere Bedeutung und Stellung des Gerichtes, sondern auch auf eine besondere Nähe zum König und Reich. Doch das Quembacher Gericht war nicht der einzige Bezirk, der aus der Gleiberger Erbschaft herausgelöst wurde.
Die Reichsgerichte in der Grafschaft Gleiberg
Mit den Grafen von Gleiberg kamen zwei neue Aspekte in unserer Region hinzu: Territorialisierung und Erblichkeit der Reichsgrafschaft, was eng mit der Allodifizierung des Reichslehens verknüpft ist und somit vermutlich gegen die Interessen des Reiches verstoßen hat. Um der Einschränkung der königlichen Herrschaft entgegenzuwirken und die Fürsten und Grafen in ihrer wachsenden Macht zu beschränken, begann vor allem unter Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) eine Veränderung des Reichslehenswesens. Zum einen wurden die Reichsterritorien nicht mehr wie üblich automatisch an Adelige oder deren Nachkommen bzw. Erben gegeben, sondern von der kaiserlichen Herrschaft, soweit sie einen Anspruch geltend machen konnten, einbehalten und an die treuen Reichsministerialen verliehen. Zum anderen wurden Reichsstädte und Reichsburgen gegründet bzw. planmäßig ausgebaut. Dieses Vorgehen und die Strategie des Kaisers sind in unserer Gegend nach dem Aussterben der Grafen von Gleiberg in einem besonderen Maße und Deutlichkeit festzustellen und werden im Folgenden dargestellt.
Vermutlich waren Wetzlar und einige Reichsgüter schon während der Zeit der Grafen von Gleiberg als königlicher Immunitätsbezirk aus der Grafschaft als Reichsgut mit Wetzlar als Mittelpunkt herausgehoben. Friedrich I. Barbarossa begann diese Machtstellung des Reiches nach dem Aussterben der Grafen von Gleiberg systematisch auszubauen. Südlich der Reichsstad Wetzlar hat der Kaiser mehrere Reichsherrschaften eingerichtet und diese in die Hände der treuen Reichsministerialen gegeben.
Die Herren von Hagen-Münzenberg besaßen östlich des Quembacher Gerichtes die Vogtei Werdorf, Burg Kalsmunt, Vogtei Werzhausen, Gerichte Pohl- und Ebergöns und zusammen mit den Herren von Eppstein die Vogtei Nauborn und die Vogtei, Kirche und Patronat zu Reiskirchen. Die Reichsministerialen von Garbenheim besaßen das Gericht Büblingshausen. Das Gericht Münchholzhausen (oder Gericht Stoppelberg) war ein Reichslehen der Herren von Kransberg und der Herren von Kronberg (-Eschborn).
Das Quembacher Gericht grenzte auch südlich an das reichsunmittelbare Territorium. Im Süden war es die Grafschaft Kleeberg mit ihren vier Gerichten: Cleeberg, (Teil von) Hüttenberg, Gräwenwiesbach und Mörle, die zur Hälfte den Reichsministerialen Kranich von Kransberg gehört hat.
Im Westen stoßen wir ebenfalls auf einen alten Reichsbezirk, der allerdings später in den Händen der Grafen Solms erscheint: das Gericht Möttau mit der gräflichen Gerichtsbarkeit.
Diese Reichsvogteien und Reichsgerichte bildeten somit eine reichsunmittelbare Herrschaft innerhalb der ehemaligen Grafschaft Gleiberg. Dadurch hat der König das Reichsgut gesichert und die Grafen in ihrer Macht eingeschränkt.
Im Norden grenzte das Quembacher Gericht an die Grafschaft Solms, ohne jedoch ein Bestandteil davon zu sein.
Das Quembacher Gericht ist eine reichsunmittelbare Herrschaft im Besitz der Herren von Schwabach
Das Hochgericht Quembach als Nachfolger der früheren Wanendorfer Mark mit seinen 20 Ortschaften, herausragenden Eigenschaften und der erkennbaren Nähe zum Reich grenzte also in drei Richtungen an reichsunmittelbare Herrschaften (Gerichte), die sich größtenteils in den Händen der Reichsministerialen von Hagen-Münzenberg befanden.
Somit steht das Quembacher Gericht mit anderen reichsunmittelbaren Herrschaften in direkter Nachbarschaft (Gericht Möttau, Vogtei Werzhausen, Gericht Münchholzhausen, Vogtei Nauborn, Gericht Büblingshausen, Vogtei Werdorf) und teilt ihre Entstehungsgeschichte mit ihnen. Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass auch das Quembacher Gericht ein Reichsgericht war.
Das Quembacher Gericht wurde vermutlich wie alle benachbarten Reichsgerichte nach dem Aussterben der Grafen von Gleiberg im Rahmen der oben beschriebenen Reichspolitik vom König Friedrich I. Barbarossa ans Reich gezogen und an seine Reichsministerialen vergeben. Mit der Gründung der Reichsburg Kalsmunt entstand vermutlich auch das reichsunmittelbare Quembacher Gericht als fester Bestandteil davon, hervorgegangen aus der Wanendorfer Mark.
Alle weiteren Gerichte lagen als reichsunmittelbares Lehen in den Händen der treuen und bedeutenden Reichsministerialenfamilien von Hagen-Münzenberg, Kranich von Kransberg und von Kronberg (-Eschborn). Das Quembacher Gericht war jedoch als Reichslehen im Besitz der Herren von Schwabach und wurde erst im Jahre 1326 durch die Grafen von Solms gekauft.
Das Quembacher Gericht mit den damit verbundenen Grafenrechten und der gräflichen Gerichtsbarkeit scheint von allen benachbarten Reichsgerichten mit 20 Dörfern das bedeutendste gewesen zu sein. Doch warum finden wir ausgerechnet dieses bedeutende Reichsgericht in den Händen der Herren von Schwabach, die sonst bis dahin reichspolitisch nicht in Erscheinung getreten sind und aus dem bisherigen Muster der Eigentümer der anderen Reichsgerichte der Reisministerialenfamilien von Hagen-Münzenberg, Kranich von Kransberg und von Eschborn (-Kronberg) auszufallen scheinen?
Die Reichsministerialen von Hagen-Münzenberg als Miteigentümer des Quembacher Gerichtes
Die Erklärung liefert uns eine Urkunde aus dem Jahre 1271, als nach dem Aussterben der Reichsministerialen von Hagen-Münzenberg die Herren von Falkenstein ihr Erbe unter sich aufteilen. Darunter befinden sich auch die Einkünfte der Herren von Hagen-Münzenberg in Schwabach, nämlich 25 Schilling Kölner Pfennige und 5 leichte Schilling.
Schwabach war jahrhundertelang ein fester Bestandteil des Gerichtes Quembach und eine von 20 Ortschaften. Wenn hier die jährlichen Einkünfte aus Schwabach als zur Herrschaft Münzenberg gehörig genannt werden, so muss es sich hier um die Einkünfte aus dem gesamten Quembacher Gericht handeln. Möglicherweise lag früher auch die Gerichtsstätte in Schwabach. Das Quembacher Gericht als Verwaltungseinheit gehört laut der Urkunde nicht zur Herrschaft Münzenberg, es sind nur die Einkünfte daraus. Da wir oben gesehen haben, dass die Herren von Schwabach die Eigentümer des Gerichtes Quembach waren, so mussten die Herren von Schwabach und die Herren von Hagen-Münzenberg sich die Einkünfte daraus geteilt haben. Des Weiteren besaßen die Herren von Hagen-Münzenberg mitten im Quembacher Gericht die königliche Vogtei Nauborn. Doch in welchem Verhältnis standen die beiden Familien zu einander?
Die Herren von Schwabach ist eine Seitenlinie der Herren von Hagen-Münzenberg
Wir stellen fest, dass die Herren von Hagen-Münzenberg im Quembacher Gericht vom Reich die Vogtei Nauborn besessen haben und zusammen mit den Herren von Schwabach am Quembacher Gericht beteiligt gewesen sind. Die Herren von Schwabach waren zwar im Besitz des Quembacher Gerichtes, sie teilten sich aber die daraus erwirtschafteten Einkünfte mit den Herren von Hagen-Münzenberg. Eine Beteiligung zweier Familien an einem Besitz ist häufig als ein Hinweis auf eine enge verwandtschaftliche Beziehung zu bewerten. Doch allein das reicht nicht aus. Zumindest einer der zwei weiteren Aspekte müssen gegeben sein, um ein enges verwandtschaftliches Verhältnis, wenn nicht die Stammesgleichheit, festzustellen: ein gleiches Wappen und/oder gleiche Vornamen (Leitnamen).
Das Siegel der Herren von Münzenberg stellt ein redendes Wappen dar. Auf einer dreibogigen Wölbung oder bergartigen Erhöhung stehen drei blättrige Stängel mit dicken Köpfen, die eine Minze abbilden. Manchmal ist aber auch ein Minzstängel zwischen zwei Türmern auf einer dreibogigen Wölbung zu sehen. Dieses redende Wappen hat Kuno I. von Hagen-Münzenberg aber erst angenommen, als er die Burg Münzenberg erbaut und sich spätestens seit 1162 nach ihr genannt hat. Die Herren von Hagen hatten jedoch ein anderes Stammwappen: ein von Rot und Gold geteilter Schild.
In der Fürstlichen Rentkammer im Schloss Braunfels wird ein altes Wappenbuch „Wappen der Vasallen der Grafen von Solms“ aus dem Jahre 1520 aufbewahrt. Dort werden farbliche Schilder der Solmser Lehensfamilien abgebildet, unter anderen der der Herren von Schwabach: es ist ein von Rot und Gold geteilter Schild. Das ist das Stammwappen der Herren von Hagen-Münzenberg.
Ein gemeinsamer Besitz im bedeutenden Quembacher Gericht als reichsunmittelbare Herrschaft und das gleiche Wappen der Familien von Hagen-Münzenberg und von Schwabach rechtfertigen an dieser Stelle die Vermutung, dass die beiden Familien des gleichen Stammes sein müssen. Demnach sollen die Herren von Schwabach eine jüngere Seitenlinie der Herren von Hagen-Münzenberg gewesen sein.
Wenn es so ist, dann soll es ein Mitglied der Familie von Hagen-Münzenberg gegeben haben, das das Reichslehen über das Quembacher Gericht vom Kaiser Barbarossa empfangen hat. Doch wie lässt sich diese Vermutung in den gut erforschten Stammbaum der Herren von Hagen-Münzenberg einbringen?
Wenn wir uns den Stammbaum der Herren von Hagen-Münzenberg und die oben geschilderte politische Entwicklung unter Kaiser Barbarossa anschauen, so würde die gesuchte Person in die Generation von Kuno I. von Hagen-Münzenberg fallen. Er wäre somit der Bruder von Kuno I. von Münzenberg und Sohn von Konrad II. von Hagen-Arnsburg.
Und tatsächlich gibt es einen urkundlichen Nachweis, dass Konrad II. von Hagen-Arnsburg neben seinem bekannten Sohn Kuno I. noch mindestens einen weiteren oder mehrere Söhne gehabt haben muss. In der Stiftungsurkunde des Klosters Altenberg aus dem Jahre 1151 bestimmt Konrad II. von Hagen-Arnsburg und seine Frau Luitgard, dass „die Vogtei in den Händen des Stifters und seiner Söhne liegt“. Auffällig ist, dass die beiden oder drei Söhne nicht unter den Zeugen stehen, obwohl dort sogar die Mainzer Ministerialen genannt werden. Es wäre zu vermuten, dass die Söhne zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig, also nicht geschäftsfähig, waren. Konrad II. von Hagen-Arnsburg muss kurz danach gestorben sein, denn er wird in den späteren Urkunden nicht mehr genannt. Es bleiben noch drei Fragen in diesem Zusammenhang zu beantworten: wie viele Söhne es gewesen sein könnten, wie alt sie im Jahre 1151 waren und wie der unbekannte Bruder von Kuno I. von Münzenberg in den Stammbaum der Herren von Schwabach einzubringen ist?
Konrad II. von Hagen-Arnsburg muss mindestens drei Söhne gehabt haben. Der älteste, Kuno I. von Münzenberg, übernimmt das Erbe seines Vaters in Arnsburg und wird sein Nachfolger als Reichkämmerer. In dieser Funktion wird er zum ersten Mal im Jahre 1161 genannt. Er muss kurz nach 1207 gestorben sein. Wenn wir annehmen, dass er mit ca. 20 Jahren Reichskämmerer geworden ist, dann war er 66 Jahre alt, als er gestorben ist. Danach wäre er ca. im Jahre 1141 geboren worden und bei der Stiftung des Klosters Altenberg im Jahre 1151 ca. 10 Jahre alt gewesen sein.
Möller hat überzeugend dargestellt, dass der zweite Sohn Konrads II. von Hagen-Arnsburg Eberhard Waro von Hagen (von Heusenstamm) sein muss, der zum ersten Mal 1178 erwähnt wird und bereits nach 1219 gestorben ist. Wenn wir annehmen, dass er ca. 5 Jahre jünger als Kuno I. gewesen war, so muss er gegen 1146 geboren worden sein und im Jahre 1151 ca. 5 Jahre alt gewesen sein. Er hat ein Teil der Herrschaft Hagen übernommen und sich nach seinem neuen Stammsitz Heusenstamm genannt hat.
Der dritte von uns gesuchte Sohn, der das Quembacher Gericht übernommen haben könnte, wäre bei der Ausstellung der Stiftungsurkunde ca. 3 Jahre alt gewesen und müsste demnach im Jahre 1148 geboren worden sein. Bei der Übernahme des Quembacher Gerichtes ca. im Jahre 1175 muss er 27 Jahre alt gewesen sein. Der erste Herr von Schwabach, Erwin, wird zum ersten Mal im Jahre 1227 als Mainzer Ministeriale genannt. Seine Kinder erscheinen als Ritter ab 1250 und müssen also gegen 1220 geboren worden sein. Wenn Erwin von Schwabach im Jahre 1227 ca. 40 Jahre alt gewesen ist, so muss er gegen 1185 geboren worden sein. Bei seiner Geburt wäre sein Vater, der dritte Sohn von Konrad II. von Hagen-Arnsburg, 37 Jahre alt. Somit ist es zumindest von den zeitlichen Abläufen durchaus möglich, dass der jüngere Bruder von Kuno I. von Hagen-Münzenberg und Eberhard Waro von Hagen der Vater von Erwin von Schwabach war. Doch gibt es urkundliche Zeugnisse von diesem dritten Bruder? Im gesuchten Zeitraum erscheinen 3 Personen in unserem Raum mit dem Namen von Hagen.
Die von uns gesuchte Person muss der Dominus und Burggraf Rupert von Hagen gewesen sein, der im Jahre 1211 zusammen mit Ulrich von Münzenberg genannt wird. Einer seiner Söhne muss Rupert von Hagen (1213-1236), Mainzer Ministerialer und Burgmann des Herrn Ulrich von Münzenberg auf der Burg Hayn, gewesen sein. Als weiterer Sohn des Burggrafen Rupert wäre Erwin von Schwabach (1227), ebenfalls Mainzer Ministerialer und Burgmann auf Scharfenstein, zu identifizieren.
Es gibt noch eine dritte Person, die zu der Familie von Hagen hinzugerechnet werden kann. Es handelt sich um Ritter Konrad von Hagen (1191-1219), der mit Elisabeth, Frankfurter Bürgerin und Tochter des Edelherren Wortwin von Homburg und dessen Frau Adelheid Waro von Hagen, verheiratet war. Ritter Konrad von Hagen fällt genau in die Generation von Erwin von Schwabach. In diesem Ritter Konrad von Hagen könnte man durchaus den dritten Sohn des Burggrafen Rupert von Hagen sehen.
Somit fassen wir die Ergebnisse zusammen:
Konrad II. von Hagen-Arnsburg (1138-1152) müsste mindestens drei Söhne gehabt haben:
Kuno I. von Münzenberg (geb. 1141, 1151-1207) hat als ältester Sohn das Erbe seines Vaters angetreten, sich eine neue Stammburg Münzenberg errichtet und sich seit 1165 nach ihr genannt. Mit dem neuen Namen hat er auch das redende Wappen mit Minzen auf einer dreibogigen Wölbung angenommen. Auch die Reichgerichte Werzhausen, Münchholzhausen, Nauborn und Werdorf hat er in unserer Gegend innegehabt.
Der mittlere Sohn Eberhard Waro von Hagen (1151, 1178-1219) war Miterbe auf Burg Hagen und der Burgmann seines älteren Bruders auf der Burg Münzenberg und baute die Burg Heusenstamm. Seine Kinder nannten sich danach. Er war der Stifter der Linie Heusenstamm.
Der jüngste Sohn Dominus Rupert von Hagen (geb. 1146, 1151-1211) war der Burgmann seines ältesten Bruders auf der Burg Hayn und übte dort zeitlang das Amt des Burggrafen aus. Er war vermutlich mit einer Dame aus der Familie der Edelfreien Kranich von Kransberg verheiratet und hatte vier Söhne: Konrad von Hagen (1219-1222), Rupert von Hagen (1213-1236), Eberwin von Schwabach (1227) und Ritter Crafto (1234-1254). Dominus Rupert von Hagen hat das Quembacher Gericht als Reichslehen im Jahre ca. 1175 bekommen und die Einkünfte daraus mit seinem Bruder Kuno I. von Münzenberg geteilt. Er hat das alte rot-goldene Stammwappen der Herren von Hagen-Arnsburg beibehalten und sich nach dem neuen Stammsitz Hof Schwabach genannt. Er gründete somit die jüngere Linie der Reichsministerialen und Edelfreien von Hagen-Arnsburg und war der Stammvater der Familie von Schwabach.
Der vollständige Artikel ist erschienen in der Jahresschrift des Historischen Vereins für Hessen (Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde NF 80/2022) und kann hier heruntergeladen werden.